Autismus und Freizeit

von Anas Nashef

Nicht nur in Zeiten von Corona stellt sich die Frage, wie es mit Freizeitgestaltung und Angeboten für Kinder und Jugendliche mit Autismus bestellt ist. Dass ein Recht auf gleichberechtigte Teilhabe an Kultur und Freizeit für Menschen mit Autismus besteht, versteht sich (inzwischen) von selbst (Art. 30 UKBRK, §§76, 78 BTHG). Die gesetzliche und konventionelle Verankerung reicht allerdings nicht aus, vielmehr müssen Gesetze und Konventionen den Weg in den Alltag und in die Praxis finden. Dies ist eine gesellschaftliche Aufgabe, in der jeder und jede Einzelne in der Verantwortung steht.

Eine aktuelle Studie, die im März 2021 in der Zeitschrift „Praxis der Kinderpsychologie und Kinderpsychiatrie“ (Stiller und Neumann) veröffentlicht wurde, beschäftigt sich mit der Freizeitsituation von Kindern und Jugendlichen mit ASS. Studien zu diesem Themenkomplex sind nicht nur rar, den Autoren der Studie zufolge liegen sogar bisher gar keine solchen Studien in Deutschland vor. Anhand einer Online-Befragung von Eltern von Kindern und Jugendlichen mit ASS, bei der insgesamt 327 Befragte teilgenommen haben, kommt die Studie zu folgenden Hauptergebnissen:

  1. Insgesamt ist von einem hohen Bedarf an Freizeitangeboten auszugehen (61,2 % aller teilnehmenden Eltern gaben an, unzufrieden mit der diesbezüglichen Situation zu sein). Eltern von Kindern mit dem Asperger-Syndrom äußerten jedoch verglichen mit Eltern mit frühkindlichem und atypischem Autismus weniger Bedarf.
  2. Insbesondere jüngere Eltern äußerten den Wunsch nach spezifischen Erlebniswelten (z. B. Spielplätze).
  3. Eltern von Kindern mit dem Asperger-Syndrom sowie ältere Eltern von Kindern mit frühkindlichem oder atypischem Autismus wünschen sich mehr (Klein-)Gruppenangebote.

Die Erkenntnis um die mangelnden Freizeitangebote stimmt mit unserem Eindruck in der therapeutischen Alltagspraxis überein. So werden wir als Therapeut*innen des Öfteren nach Freizeitangeboten in der Region gefragt – eine Frage, die wir uns oft selbst stellen. Umso wichtiger scheint es, regionale Erfahrungen und Möglichkeiten zu dokumentieren, um diese an Eltern weiterleiten zu können sowie regionale Institutionen und Vereine anzuregen, eine Vielfalt an Angeboten zu installieren.

Charlene in ihrer Freizeit in der Natur im Cuxland.