Besuch der Jugendhilfestation im ATZ Debstedt
Obgleich wir als Mitarbeiter*innen des Autismus-Therapiezentrums Debstedt schon viele Jahre mit den Jugendhilfestationen im Landkreis Cuxhaven zusammenarbeiten, haben wir uns aktuell dennoch sehr über eine immer enger werdende Kooperation mit der Jugendhilfestation Langen gefreut. Mitte Februar erhielten wir in unserer Einrichtung Besuch von Frau Ann-Kathrin Rudolphi, die seit letztem Jahr die Position der Einrichtungsleitung der DRK Jugendhilfestation Langen/ Wurster Nordseeküste innehat. Als Jugendhilfestation bezeichnet man regionale Dienste, die dezentral im Auftrag der Jugendämter ambulante und teilstationäre Hilfen zur Erziehung durchführen. Eine Besonderheit der hiesigen Jugendhilfestation ist, dass diese direkt unter einem Dach mit dem AfSD (Amt für Soziale Dienste) arbeitet und somit eine enge Kooperation gegeben ist. Neben zahlreichen Fragen bzgl. des Aufgabenbereiches der Jugendhilfestationen, konnten gezielt interessante Angebote für unsere Klient*innen, wie z.B. eine engbegleitete Jugendgruppe, ins Auge gefasst werden.
Nachdem wir nun bestens über die Aufgaben und Funktionen der Jugendhilfestation im Landkreis Cuxhaven informiert sind, wird Frau Teichmann in naher Zukunft den Mitarbeiter*innen der Jugendhilfestation im Gegenzug einen Vortrag zum Thema Autismus-Therapie in den Bremerhavener Einrichtungen geben.

2010 stieß die gelernte Ergotherapeutin Sophia Kück zu Autismus Bremen e.V. Sie fing im Therapiezentrum Buntentor als Therapeutin an. Als die Leitungsstelle im Therapiezentrum vakant wurde, trat Sophia Kück die Nachfolge an. Einer ihrer Schwerpunkte ist die Integration von Autist*innen in Arbeit. Hier hat sie vielfältige Kontakte aufgebaut und zahlreiche Klient*innen gecoacht. Zusammen mit dem Therapeuten Björn Wolst leitet sie das Jobpatenprojekt, das von 2010 von Petra Abt und Gudrun Löser-Dee gegründet wurde. Für Autist*innen ist es trotz herausragender Fachkenntnisse, guter Schulabschlüsse und Talent schwierig, einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz zu finden.
Sophia Kück hat im Laufe ihrer Tätigkeit bei Autismus Bremen e.V. viel Erfahrung mit autistischen Menschen gesammelt und gibt dieses Wissen in Beratungen von Institutionen und in Seminaren weiter, was für die Integration von Autist*innen dringend notwendig ist, denn häufig ist es für Nichtautist*innen schwierig zu verstehen, wie Autist*innen ticken.
In diesem Sinne sagt
Eigentlich wollte er nicht so lange bleiben.

Dass Markus Hallaschka 20 Jahre dem Verein treu bleiben sollte – das war von ihm ursprünglich nicht geplant. Er kam aus dem Bereich Wachkoma und wollte eigentlich dorthin wieder zurück, aber zum einen erfüllt ihn die Arbeit mit autistischen Menschen sehr und zum anderen fühle er sich im Verein Autismus Bremen sehr willkommen und unterstützt, gerade in schwierigen Zeiten, wie bei der Pflege erkrankter Angehöriger.
Nun ist es an der Zeit, von Seiten des Vereins Markus Hallaschka Danke zu sagen. Der im Therapiezentrum Schönebeck tätige Autismustherapeut hat in den 20 Jahren sehr viel Erfahrung mit autistischen Menschen gesammelt, hat viel Einfallsreichtum und Engagement an den Tag gelegt und ist immer sehr nahe bei seinen Klient*innen. Mit Kolleg*innen zusammen hat er Gruppentherapie für Jugendliche angeboten, eine sicherlich spannende Arbeit, aus mehreren Autist*innen eine Gruppe zu formen. Neben seiner Arbeit als Autismustherapeut ist Markus Hallaschka als passionierter Fotograf unterwegs. „Lebendigkeit ist Bewegung. Diese im Bild festzuhalten, ist die Kunst, die ich anstrebe“, so Markus Hallaschka. Im Mittelpunkt seiner künstlerischen Arbeit steht der Mensch in allen Lebenslagen.
Wir wünschen Herrn Hallaschka alles Gute für die Zukunft und freuen uns auf weitere gemeinsame Jahre bei Autismus Bremen e.V.

Martina Fox ist die neue Leiterin der Beratungsstelle von Autismus Bremen e.V. Die gebürtige Münchnerin hatte als Leiterin eines Heilpädagogischen Kindergartens in Verden ihren ersten Kontakt zu Autist*innen. Die Zusammenarbeit mit autistischen Kindern und ihren Familien faszinierte Martina Fox so sehr, dass sie eine Zusatzausbildung als Autismustherapeutin in Hannover begann. Auch beruflich wollte sie sich mehr in Richtung Autismustherapie orientieren und bewarb sich 2012 auf eine Stellenausschreibung des Therapiezentrums Gröpelingen und wurde auch gleich eingestellt. Im Therapiezentrum sammelte Martina Fox weitere Erfahrung mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsen mit Autismus-Spektrum-Störung, von Frühkindlichen Autist*innen bis Asperger*innen. Zusätzlich ließ sich Martina Fox berufsbegleitend als Systemtherapeutin ausbilden. Ein/e Autist/in ist für sie nicht nur Autist/in, sondern bringt auch Erlerntes aus Kindergarten, Schule, Arbeitsplatz und Familie mit, das diese/n Autistin/en prägt. Insofern ist es folgerichtig, die Therapie nicht ausschließlich auf Autismus zu fokussieren, sondern Lebensbereiche zu integrieren, die einen Einfluss auf die Verhaltensweisen von dem/r autistischen Klienten/in haben. Die Ausbildung in Lüneburg dauerte dreieinhalb Jahre und beinhaltet systemische Paar- und Familienberatung, Elterncoaching und Beratung des Umfelds des/der Klienten/in. Im Dezember 2019 schloss Martina Fox die Ausbildung erfolgreich ab. Der Arbeitsplatz in der Beratungsstelle sei vor dem Hintergrund ihrer Ausbildung ideal, sagte Martina Fox, da sie hier Autist*innen in allen Lebensbereichen sowie deren Familien unterstützen kann. Autismus Bremen e.V. freut sich, eine engagierte Mitarbeiterin für die Beratungsstelle gefunden zu haben und wünscht Martina Fox viel Erfolg.
Drei interessante und ereignisreiche Tage der Bundestagung von autismus Deutschland e.V. liegen hinter uns. Diese 16. Bundestagung zum 50jährigen Jubiläum von autismus Deutschland e. V. hatte das Thema „Stärke oder Störung“. Das Publikum auf der Tagung war sehr gemischt: Eltern von (erwachsenen) Kindern mit Autismus Spektrum, Autist*innen sowie Experten aller Fachrichtungen, welche sich mit dem Thema Autismus beschäftigen. Es ging um das gesamte Autismus-Spektrum, also vom Frühkindlichen Autismus zum Asperger-Syndrom, und es wurden Fachleute, Angehörige und Betroffene im gesamten Altersspektrum angesprochen. Am Freitag wurden nach der Begrüßung durch Politiker*innen/Behördenvertreter*innen sowie die Vorsitzende von autismus Deutschland e.V., Frau Kaminski, im Plenum Vorträge von Herrn Vogeley (Köln) und Frau Lipinski (Berlin) gehalten, und es folgte eine intensive Podiumsdiskussion im Anschluss.
Am darauffolgenden Tag gab es insgesamt 36 Vorträge an unterschiedlichen Standorten in kleinen und großen Räumen, darunter ein sehr interessanter Vortrag von Hajo Seng (Betroffener aus Hamburg), in dem er seine eigene Biografie mit Autismus, gekoppelt mit der Geschichte der Entdeckung und Beschreibung der Planeten (sein Spezialthema) referierte. Ich persönlich empfand dies als eine sehr offene Darstellung und ein interessantes und berührendes Leben! Ich selber habe noch an einem interessanten Vortrag von Frau Dr. Katja Albertowski aus Dresden zum Thema „Übergänge vom Jugend- ins Erwachsenenalter bei Menschen mit Autismus“ teilgenommen – auch hier wie bei vielen anderen Vorträgen war der Vortragssaal bis auf den letzten Platz besetzt. Nach der Teilnahme an einem Workshop zu „Freizeitangeboten beim RV Aachen“ hörte ich bei Fabian Diekmann, Fachreferent bei autismus Deutschland e.V., interessante Aspekte zum Thema Wohnen.
Mein eigener Vortrag zu „Alt werden mit Autismus“ war mit 130 Teilnehmern ebenfalls gut besucht. Im Anschluss bekam ich mehrere positive Rückmeldungen mit der Aussage: „Gut, dass sich dieses Themas endlich angenommen wird“.
Am dritten Tag erfolgten wieder mehrere Plenumsvorträge von bekannten Professor*innen, und der Kongress endete mittags.
Wer die meisten der Vorträge bzw. Workshops noch einmal nachlesen möchte, kann sich den Tagungsband „Autismus- Stärke oder Störung“ beim Von Loeper Literaturverlag unter der ISBN-Nummer 978-3-86059-234-2 zum Preis von 39,90 € bestellen.
Und Corona? Der Kongress fand unter gewissen Auflagen und mit Hinweisen zu Hygienemaßnahmen statt. Es kamen deutlich weniger Menschen, als ursprünglich angemeldet waren, und auch mehrere Standbetreiber hatten abgesagt. Sicherlich war es ein gewisses Risiko, die Veranstaltung trotz der erhöhten Infizierungsmöglichkeiten durchzuführen – andererseits waren zu dem Zeitpunkt noch nicht die Maßnahmen behördlich angeordnet, die seit dem 16.03.2020 das Leben von uns allen beeinträchtigen. Für das Team von autismus Deutschland e.V. hat es mich gefreut, dass der Kongress stattgefunden hat. Es ist so eine immens wichtige Veranstaltung für alle, ob Betroffene, Eltern oder Fachleute, und unsereine/r kann nur erahnen, welch unglaublicher Vorbereitung und Organisation es bedarf, einen Kongress für 1.600 Menschen in dieser Form zu planen, durchzuführen und zu begleiten. Es war wie immer super organisiert und dem Team autismus Deutschland gebühren ein großes Lob und ein ebensolcher Dank für diesen Einsatz.
Online geführtes Interview mit Christiane Arens-Wiebel und Gudrun Löser-Dee
- Sie haben 39 Jahre bei Autismus Bremen e.V. gearbeitet. Das ist eine ungewöhnlich lange Zeit. Fangen wir aber mal am Anfang an. Wie und wann sind sie mit dem Thema Autismus in Berührung gekommen?
Die ersten Berührungen mit dem Thema Autismus hatte ich während meines Studiums. Meine Aufgabe war, ein Referat zum Thema „Verhaltenstherapie bei autistischen Kindern“ zu schreiben, und damit war mein Interesse an der Thematik geweckt. Im Folgenden habe ich die Bibliothek nach entsprechender Literatur durchsucht, was damals nicht ergiebig war, und mich damals schon für das Thema Elternverbände interessiert. Im letzten Jahr meiner Ausbildung zur Diplom-Sozialpädagogin habe ich ein Berufsanerkennungsjahr in der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Münster absolviert. Dort arbeitete zu der Zeit Herr Professor Kehrer, der in den 70er und 80er Jahren eine geschätzte Koryphäe im Bereich Autismus war. In der Kinder- und Jugendpsychiatrie befanden sich im Verlaufe dieses Jahrs mehrere Kinder mit frühkindlichem Autismus. Ich erfuhr aus dem Kontakt mit den Kindern sowie aus Gesprächen mit Kolleg*innen viel über Autismus. Mein Interesse war geweckt.
- Warum haben Sie sich bei Autismus Bremen e.V. beworben und in welchem Rahmen konnten Sie dort mit Autist*innen und ihren Angehörigen arbeiten?
Im Sommer 1980 las ich die Stellenanzeige des Vereins „Hilfe für das autistische Kind Bremen e.V.“ und für mich war sofort klar, mich hierauf zu bewerben. Dies war genau das, was ich beruflich machen wollte. Auch dadurch, dass ich Mitarbeiterin von Professor Kehrer gewesen war, bekam ich die Stelle und arbeitete in den ersten Jahren mit 2 Psychologen, unter anderem Herrn Helbig-Hamelmann. Die Kinder, die sich zu dem Zeitpunkt bei uns in Therapie befanden, waren Schulkinder mit frühkindlichem Autismus oder manchmal atypischem Autismus, das Asperger-Syndrom war damals nicht geläufig. Wir arbeiteten mit einfachen Mitteln. Die Vielfalt an Lernmaterialien, die heute in den Therapiezentren zur Verfügung steht, die zahlreichen Methoden und Erkenntnisse, und der intensive Austausch mit Fachkolleg*innen waren damals noch nicht möglich. Wir boten Einzeltherapie hinter Einwegscheiben an, wohinter sich die Eltern der Kinder befanden, und sich ihre Gedanken machten, was wir mit ihren Töchtern oder Söhnen „anstellten“. Schon damals boten wir viele Treffen bzw. Seminare für die Eltern an und klärten sie umfassend über Autismus auf.
- Es gab zu damaligem Zeitpunkt wenig Erkenntnisse zum Thema Autismus, geschweige denn Fortbildungen für Therapeut*innen. Wie haben Sie diese Lücke gefüllt?
Es gab – wie schon gesagt – wenig Material und kaum Literatur und schon gar keine Fortbildungen zum Thema. Herr Helbig-Hamelmann hat sich damals sehr dafür eingesetzt, dass deutschlandweite Treffen mit anderen Therapeut*innen stattfanden, in denen es um einen therapeutischen Erfahrungsaustausch ging. Jedes dieser Treffen hatte ein bestimmtes Schwerpunktthema, es gab keine/n Referentin/en, aber jede/r von uns leistete ihren/seinen Beitrag zu dem Thema, denn alle waren Autodidakten. Mitte der 80er Jahre fingen wir an, selbst Fortbildungen zu geben, zum Beispiel zum Thema „Sensorische Integrationstherapie“. Das waren aufregende Momente, plötzlich vor einer Gruppe von 200 Leuten zu stehen und etwas über unsere Erfahrung sowie die dahinterstehende Theorie zu referieren. Fortbildungen habe ich seitdem regelmäßig und zu diversen Themen gegeben. Das ist der Vorteil, wenn man sich so intensiv mit dieser Beeinträchtigung auseinandergesetzt hat und jahrelange Erfahrung machen konnte. Vor allem in den letzten Jahren meiner Tätigkeit bei Autismus Bremen e.V. habe ich in Bremen und im niedersächsischen Umland viele Fortbildungen gegeben, auch weil die Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern wie dem Berufsbildungswerk und dem Berufsförderungswerk Friedehorst immer intensiver wurde.
Wichtig für mich persönlich war stets, meine bzw. unsere Erkenntnisse, Erfahrungen und unser Wissen in Form von Zeitschriftenbeiträgen oder Büchern weiterzugeben. So habe ich 1988 und 1990 zusammen mit meinem Kollegen Stefan Dzikowski die Bände „Autismus heute“ 1 und 2 herausgegeben, in denen Therapeut*innen über ihre Erfahrung berichteten. Diese beiden Bände waren tatsächlich die ersten Veröffentlichungen aus Sicht von Therapeut*innen in Deutschland. In den darauffolgenden Jahren hat es eine Art Boom an Veröffentlichungen gegeben, und inzwischen findet man zu jedem nur möglichen Themenbereich mehrere Bücher. Auch das kleine Autismus ABC so wie das Geschwister ABC sind meiner Feder entsprungen.
- Haben Sie sich als Therapeutin spezialisiert, sei es Altersgruppen oder frühkindliche Autist*innen und Autist*innen mit Asperger-Syndrom?
Für mich war immer der frühkindliche Autismus der wichtigere Bereich. Die hiervon betroffenen Kinder, Jugendlichen oder auch Erwachsenen liegen mir besonders am Herzen. Mitte der 80er Jahre haben wir ein Frühförderprojekt gestartet, und mir wurden die inhaltliche Konzeption, die Planung und die Koordination von Fördermaßnahmen, die Ausbildung von studentischen Hilfskräften sowie die Planung von Veranstaltungen mit Kooperationspartnern übertragen. 2003 habe ich zusammen mit Frau Zogg-Roselt einen Früherkennungsfilm erstellt, der dazu da war, Fachleute in Ämtern, Diagnostikstellen, Kindergärten usw. mit dem Thema Autismus vertraut zu machen.
So wie ich selbst älter wurde, habe ich mich im Laufe der langen Zeit auch mit älter werdenden Menschen beschäftigt, das heißt nach der Zeit als Frühförderin habe ich überwiegend mit Schulkindern gearbeitet und später mit Erwachsenen. Außerdem habe ich mich in den letzten Jahren intensiv in die Themen „Autismus Im Alter“ beziehungsweise „Autismus und Demenz“ eingearbeitet; Fragestellungen, die auch als Fortbildungsangebote sehr gefragt sind.
- Um auf Ihren beruflichen Werdegang bei Autismus Bremen zurückzukommen, würde ich mit Ihnen gerne über Ihre Zeit in Bremerhaven sprechen, in der Sie und Ihr Team an einem neuen Standort ein neues Therapiezentrum aufgebaut haben. Welche Herausforderungen gab es im Besonderen?
2004 wurde das neue Therapiezentrum in Bremerhaven eröffnet. Da ich mir eine neue berufliche Herausforderung wünschte, habe ich mich dort als Leitung beworben und ein großes Team aufgebaut. Insbesondere habe ich durch intensive Zusammenarbeit mit medizinischen und psychologischen Kooperationspartnern dem ATZ zu einer wichtigen Position in Bremerhaven und umzu verholfen. Auch die Außenstelle in Debstedt entstand während meiner Leitungszeit. Irgendwann reichten die Räumlichkeiten nicht mehr aus, denn die Einrichtung expandierte, auch weil die Vernetzung immer besser wurde und sehr viele Menschen kamen, um Hilfe zu bekommen. Es wurde eine großzügige Etage in der Friedrich-Ebert-Straße angemietet. Bei der Einweihung wurde noch einmal deutlich, wie wichtig auch von Behördenvertretern die Arbeit des Therapiezentrums einschließlich der intensiven Netzwerkarbeit gesehen wurde. Nach 11 Jahren Leitungstätigkeit in Bremerhaven stand für mich persönlich an, mich beruflich neu zu orientieren und ein bisschen zur Ruhe zu kommen und mich (als Bremerin) wieder auf Bremen zu fokussieren.
- Sie sind dann wieder nach Bremen zurückgekehrt und haben dort eine Beratungsstelle aufgebaut. Warum war dieses neue Angebot notwendig?
Die Beratungsstelle dient dazu, den vielen Menschen, die sich nicht in Therapie befinden und die in absehbarer Zeit keinen Therapieplatz erhalten können (schon aufgrund der zahlreichen Anmeldungen und nicht ausreichenden Therapieplätze), Hilfen anzubieten, ob telefonisch oder persönlich. In den 5 Jahren, die ich in der Beratungsstelle tätig war, habe ich zahlreiche Beratungsgespräche für Eltern und Betroffene angeboten, Schulungsgruppen für erwachsene Asperger Autist*innen durchgeführt und Elternseminare und -abende veranstaltet. Des Weiteren ist eine große Angebotspalette an Informationen wie Bücherlisten, Kontaktstellen beispielsweise für Diagnostik oder alternative Therapiemöglichkeiten entstanden. Eine weitere wichtige Aufgabe war der Aufbau von Beratungen und Kooperationen mit Einrichtungen, z.B. Werkstätten und Wohnheimen, aber auch Schulen. Hier wurden beispielsweise gemeinsam Förderideen entwickelt, Verbesserungsvorschläge für Alltagsstrukturen erarbeitet, Kriseninterventionen erörtert und unterschiedliche Fortbildungsangebote gemacht.
- Sie haben in den Jahren als Autismus-Therapeutin sehr viele Erfahrungen und Erkenntnisse gesammelt, die Sie dankenswerterweise zu Papier gebracht haben, so dass sie an nachfolgende Generationen der Therapeut*innen weitergegeben werden können.
Wie schon gesagt, habe ich frühzeitig angefangen, meine vielen Erfahrungen aufzuschreiben und zum Beispiel über den Verlag Autismus Bremen zu veröffentlichen. Im Jahr 2019 ist darüber hinaus im Kohlhammer Verlag mein Buch „Autismus – was Eltern und Pädagogen wissen müssen“ herausgekommen. In diesem Buch habe ich vieles von dem, was ich mir im Laufe der fast 40 Jahre mit autistischen Menschen angeeignet hatte, zusammengefasst, mit Beispielen versehen und anschaulich für Eltern und Pädagog*innen erklärt. Das Buch ist sicherlich eine Bereicherung für die praktische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen sowie für die Gestaltung von Lebensläufen. In den letzten Jahren habe ich außerdem an der Fachgruppe Therapie des Bundesverbandes autismus Deutschland e. V. teilgenommen und so für den überregionalen Bereich zusammen mit Fachkolleg*innen einen wertvollen Beitrag zur Professionalisierung der Autismustherapie in Deutschland beigetragen.
- Gab es in Ihrem Berufsleben besondere Momente, besondere Geschichten, die Sie berührt haben?
Eine Mutter, deren kleiner Sohn sich lange in Therapie befunden hatte, war irgendwann aus Bremen weggezogen, wodurch die Therapie beendet wurde. Ich traf sie im März auf dem Autismus-Kongress in Lübeck, weil sie sich dort meinen Vortrag über „Autismus und Alter“ angehört hatte. Stolz zeigte sie mir Fotos von ihrem Sohn auf dem Fahrrad – mit Tränen in den Augen. Es sei so toll gewesen, dass er damals in Bremen Therapie bekommen habe. Die intensive Zusammenarbeit mit den Therapeutinnen und die unzähligen Hilfen seien so gut gewesen, und sie würde immer wieder gerne an diese Zeit zurückdenken. Leider habe sie dann wegziehen müssen, diesen Schritt habe sie jedoch immer wieder bereut. Andere berührende Momente sind, wenn ein Kind plötzlich einen besonderen Erfolg hat, das heißt das erste Wort sagt, einen gewünschten Gegenstand gibt, wenn man eine besonders gute Therapiestunde mit einem Kind verlebt, wo z.B. nichts durch die Gegend fliegt. Oder wenn eine/n nach Jahren der Brief von einer/m Klientin/en erreicht, die/der sich noch einmal für die gute Zeit und die vielen Hilfen bedankt und eine/n daran teilhaben lässt, wie es ihr/ihm jetzt geht und, ja, erzählt, dass es ihr/ihm im Moment gut geht.
- Sie sind jetzt offiziell in den Ruhestand getreten oder ist es vielmehr ein Unruhezustand. Was machen Sie heute?
Unruhestand, so kann man das nennen, wie ich im Moment meinen Alltag verbringe. Ich genieße, auch wegen Corona, meinen Garten, viel draußen zu sein, Rad zu fahren und Sport zu machen. Gelegentlich gebe ich Fortbildungen zu Autismus und dann wird mir immer klar, wie sehr mich das Thema nach wie vor fasziniert, welche tiefe innere Verbindung ich zu diesen besonderen Menschen habe und wie wichtig es mir ist, meine Erfahrungen und mein Wissen an andere Menschen weiterzugeben. So ist damit zu rechnen, dass ich das auch weiterhin tun werde. Ich kann sagen: Ich bin sehr zufrieden mit meinem Entschluss, frühzeitig in den Ruhestand zu gehen und mein Leben auf eine andere Art und Weise zu genießen.
Fast 40 Jahre bei Autismus Bremen e.V. gearbeitet, das ist schon etwas ganz besonders. Nach 39 Jahren beruflichen Engagement in Therapiezentren und in der Beratungsstelle geht Christiane Arens-Wiebel in den Ruhestand, wenn man das so nennen darf, denn ihr Fachwissen und Engagement geht den Menschen mit Autismus nicht verloren. Frau Arens-Wiebel ist freiberuflich als Fachberaterin weiter tätig.
Autismus Bremen e.V. hatte angesichts des bevorstehenden Ruhestandes von Christiane Arens-Wiebel eingeladen und zahlreiche Weggefährten ließen sich es nicht nehmen, ihr „Auf Wiedersehen“ zu sagen. Neben dem Vorstand und den Leitungen der Therapieeinrichtungen und Sekretärinnen kamen ganz alte Kolleg*innen und Vorgesetze wie Dagmar Knoke, die einst das Sekretariat in der Clamersdorfer Straße geleitet hat, und unser Ehrenvorsitzender Hermann Cordes. Als damaliger 1. Vorsitzender hat Hermann Cordes damals Christiane Arens-Wiebel eingestellt. Von anderen Regionalverbänden kamen Martina Steinhaus, Geschäftsführerin der Autismus-Therapie Weser-Ems gGmbH aus Oldenburg und Barbara Rittmann, Leiterin des Hamburger Autismus Institutes.
Es wurde trotz aller Wehmut ein launiger Abend. In den Reden zu ihrem Abschied wurden ihre große Fachkenntnis und Erfahrung im Bereich Autismus wie auch ihre Großzügigkeit und Verlässlichkeit hervorgehoben. Ihr Engagement war und ist besonders. In besonderen Fällen ließ sie nicht locker. Nach 39 Jahren Autismus Bremen hat Christiane Arens-Wiebel das Recht, einige Gänge herunterzuschalten. Dr. Buhlert, 1. Vorsitzender, dankte Frau Arens-Wiebel und wünschte ihr eine gute Zeit im Ruhestand.
Online geführtes Interview mit Stefan Dzikowski und Gudrun Löser-Dee
- Zuerst einmal möchte ich Ihnen zum Dienstjubiläum gratulieren. Sie arbeiten jetzt schon unglaubliche 45 Jahre bei Autismus Bremen e.V. Sie müssen quasi als Jugendlicher mit dem Thema Autismus in Berührung gekommen sein. Schildern Sie uns bitte, wie es dazu kam.
Gerne! …und herzlichen Dank!
Ich bin nicht Elternteil eines autistischen Kindes, aber einer meiner Cousins ist vom Frühkindlichen Autismus betroffen, so dass dieses Thema schon früh innerhalb der Familie präsent war. Und da ich als gerade 18-jähriger immer knapp bei Kasse war, fragte ich in der damals neu gegründeten „Sonderklasse für autistische Kinder“ (in der auch mein Cousin tagsüber beschult wurde) nach einem Job. Morgens ging ich selbst noch zur Schule und nachmittags betreute ich zusammen mit den Fachlehrern*innen autistische Kinder in Kleinstgruppen beim Werken, Schwimmen, bei Ausflügen und Feierlichkeiten.
- Sie haben Sozialpädagogik und Psychologie an der Universität Bremen studiert. Inwieweit konnten Sie dort das Thema Autismus vertiefen?
Im Grunde genommen gar nicht. Menschen mit Behinderung oder gar mit Autismus kamen weder im Fach Sozialpädagogik noch in der Psychologie vor. Das empfand ich damals schon als außerordentlich ärgerlich, weil es die Studierenden so wenig auf einen ganz wichtigen Arbeitsbereich vorbereitete.
- Sie begannen 1975 Ihre therapeutische Laufbahn in der Sonderschule für autistische Kinder. Später arbeiteten Sie mit im „Bremer Projekt“. Es gab zu dieser Zeit wenig Erkenntnisse über die Lern- und Entwicklungsfähigkeiten autistischer Kinder. Wie sah damals die Arbeit mit Autist*innen aus?
Der Elternverein „Hilfe für das autistische Kind“, der heute „Autismus Bremen e.V.“ heißt, hatte seit 1973 ein Forschungsprojekt unter dem Titel „Kompensatorisches Programm für autistische Kinder“ beim Bundesministerium in Bonn beantragt und auch genehmigt bekommen. Hier ging es zunächst um die grundsätzliche Frage, ob autistische Kinder überhaupt lern- und entwicklungsfähig sind. Und wenn ja, wie muss/soll eine Förderung oder ein Unterricht aussehen, damit die Kinder davon profitieren können.
Schnell wurde klar, dass vor allem sehr eindeutig strukturierte Lernanforderungen zum Ziel führten und eine Ganztagsbeschulung möglich war, die damit die autistischen Kinder allen anderen Kindern in Sachen Bildungspartizipation gleichstellte. Das war in Europa einmalig und wurde ab da das „Bremer Projekt“ genannt.
- Sie haben die Schauspielschule des Landesverbandes Bremer Amateurtheater einige Jahre besucht und traten auf Norddeutschlands Kleinbühnen auf. Konnten Sie die Erfahrungen eines Schauspielers in die Arbeit mit Autisten einbringen?
Autistischen Kindern etwas vor zu schauspielern klappt eigentlich nicht. Meist ist die ganze Authentizität gefordert, allerdings bisweilen mit einigen „übertrieben“ gezeigten Emotionen, damit dem autistischen Menschen klar werden kann, was mit seinem Gegenüber los ist.
Die darstellenden Fähigkeiten, Atemtechniken, Körpersprache usw., die in der Schauspielerei eine große Rolle einnehmen, kamen mir vor allem im Bereich der Fort- und Weiterbildung zugute (wo ich viele Jahre tätig war).
- Über Ihre Erfahrungen mit autistischen Kindern und deren Eltern haben Sie zahlreiche Bücher und Zeitschriftenartikel veröffentlicht. Dabei sind thematisch neben der therapeutischen Arbeit die Bereiche Früherkennung und -therapie, „Sensorische Integrationstherapie“, Fortbildung und Autismusforschung zu nennen. Könnten Sie unseren Lesern etwas dazu sagen?
Gern!
Meistens ist man in der Therapiestunde mit dem/der autistischen Klienten/in allein. Man glaubt und manchmal hofft man auch bloß, das „Richtige“ zu tun, damit die Entwicklung des autistischen Menschen vorankommt. Ich finde und fand es immer wichtig, die eigene Vorgehensweise öffentlich zu machen, um Rückmeldungen zu bekommen, Kontroversen auszulösen oder Sackgassen zu kennzeichnen. Kein/e Therapeut/in kann sich im eigenen Kämmerlein weiterentwickeln. Ich glaube, man braucht die Diskussion oder sogar den Disput mit den Kollegen*innen überall in der Welt. Mir erschien es immer notwendig, jenseits aller Wissenschaft die Erfahrungen der Praktiker*innen zu dokumentieren und für neue Wege der Therapie und Förderung zu nutzen. Um das zu können, muss man sich zunächst hinsetzen und aufschreiben, was passiert ist.
- Ihre viel benutzte Dokumentation „Ursachen des Autismus“ stellt mit 60 Theorien praktisch alle in der Literatur erwähnten ätiologischen Erklärungsmodelle des Autismus vor. Auch zu diesem Thema würde ich gerne mehr erfahren.
Als ich 1993 das Buch „Ursachen des Autismus – Eine Dokumentation“ schrieb, geschah das aus der Not und einer Notwendigkeit heraus. Notwendig deshalb, weil es gleichzeitig auch meine Diplomarbeit in Psychologie war, und Not tat es, weil wir zwar über die Therapie und Förderung beim Autismus bereits viel wussten, über die Ursachen im Grunde aber nahezu nichts. Also machte ich mich über Monate auf die Suche nach Literatur und als ich zu Hause wegen der Papierberge kaum noch irgendwo hintreten konnte, an die Auswertung. Es waren wirklich eine Reihe ulkiger, hinterlistiger, skurriler und nichtsnutziger Theorien dabei, die alle behaupteten, so und nicht anders entstehe der Autismus. Aber es gab und gibt auch die seriösen und inzwischen gut mit Fakten unterlegten Theorien. Leider sind die Ursachenforscher seit knapp 30 Jahren nicht viel vorangekommen. Das ist sehr schade.
- 1987 erhielten Sie den Bremer Studienpreis für besondere wissenschaftliche Leistungen auf dem Gebiet der Sozial- und Geisteswissenschaften für die Entwicklung der Sensorischen Integrationstherapie bei Menschen mit Autismus. Das ist eine besondere Auszeichnung. Auch hierüber würde ich gerne mehr erfahren.
Diese Auszeichnung habe ich nicht allein bekommen, sondern zusammen mit meiner Co-Autorin Cordula Vogel.
Wir wollten zeigen, was die Methode der „Sensorischen Integrationstherapie“ für autistische Kinder, Jugendliche und Erwachsene bringen kann und welche Probleme in der Praxis entstehen. Damit waren wir ganz nah dran an den autistischen Menschen und den wissenschaftlichen Standards der damaligen Zeit. Die Universität honorierte diesen Spagat mit dem von Ihnen erwähnten Preis, weil wir dem „Urgedanken“ der Universität Bremen (Forschung für den Menschen) gefolgt waren.
- 1993 gründeten Sie das „Institut für Wahrnehmungstherapie und Intervision“ in Bremen. Welche Angebote gibt es an Ihrem Institut?
Arbeit im Autismus-Therapiezentrum und Studium parallel kann zeitfüllend sein. Nachdem ich 1993 mit der Ausbildung fertig war, konnte ich mich einem Projekt zuwenden, das mir schon lange am Herzen lag: Die Gründung einer Einrichtung, in der alle nicht-autistischen, aber dennoch behinderten Menschen eine Förderung bekommen konnten, wie das sonst nur in einem ATZ möglich war. Viele, viele Jahre war das „IWI“ eine feste Größe in der Therapielandschaft in Bremen. Leider konnte ich keine/n Nachfolger/in finden und musste die Einrichtung vor einiger Zeit aus Altersgründen schließen.
- Seit 1999 sind Sie Mitglied im Vorstand des Bundesverbandes autismus Deutschland e.V. in Hamburg. Der Bundesverband autismus Deutschland e.V. vertritt als Selbsthilfeverband die Interessen von Menschen mit Autismus und ihrer Angehörigen. Inwieweit konnten Sie Ihre Erfahrungen auf dem Gebiet Autismus in die Vorstandsarbeit einbringen und gab es besondere Projekte?
Ja, die gab und gibt es!
Schon früh (seit Ende der 1970er Jahre) war klar, dass die Fortschritte in der Entwicklung eines autistischen Kindes umso größer waren, je besser die Zusammenarbeit zwischen Eltern und Therapeut*innen funktionierte. Beim Bundesverband habe ich versucht, genau diese Erkenntnis bei jedem Vorhaben von Anfang an mit einzubringen. Das betrifft die Arbeit in den Gremien, die Gestaltung des Autismus-Heftes, die Themen der Kongresse, Tagungen und Fortbildungen sowie die gesamte Ausrichtung des Verbandes.
Mein wichtigstes Ziel war und ist es, ein bundesweites und flächendeckendes Versorgungssystem zu haben, welches verhindert, dass autistische Kinder und ihre Eltern allein gelassen, ohne Unterstützung dastehen. Auch erwachsene autistische Menschen (egal, ob mit „Asperger“ oder „Kanner“) brauchen wohnortnah ein niedrigschwelliges Angebot für alle erdenklichen Situationen. Dazu gehören auch bessere Freizeitmöglichkeiten, Reisen und Zugang zu Vereinen.
- Sie sind Gastdozent der Donau-Universität Krems. Macht Ihnen diese Lehrtätigkeit Freude?
Zur Donau-Universität fahre ich inzwischen nicht mehr. Auch die Reisen nach Polen oder in die Schweiz sind nicht mehr nötig; überall gibt es andere, sehr gute Dozenten.
- Die Arbeit mit Autist*innen ist eine Tätigkeit, bei der man selbst gefordert ist, weil man sich in den/die Autisten/in hineinversetzen muss, um seine/ihre Handlungsweisen zu verstehen. Gab es berührende Momente. Welche Erlebnisse sind Ihnen in Erinnerung geblieben?
Da könnte ich die ganze Nacht und den morgigen Tag und die folgende Woche ohne Unterbrechung erzählen!
Am meisten hängen geblieben sind mir aber meist die Erzählungen von autistischen Jugendlichen oder Erwachsenen. Zum Beispiel, wenn sie besonderen Ungerechtigkeiten ausgesetzt waren und nicht verstehen konnten, warum. Eine Jugendliche, das ist vielleicht vier/fünf Jahre her, wollte gern in einer Mannschaft Fußball spielen. Vor dem Haus auf der Straße war sie mit den Kindern in der Nachbarschaft in gutem fußballerischem Kontakt. Wir redeten lange darüber, was man nun tun könne. Am Ende nahm sie all´ ihren Mut und ging in Osterholz-Scharmbeck zur Geschäftsstelle eines Vereins, der auch eine Mädchenmannschaft hatte.
Nachdem sie etwas über sich und ihre Fähigkeiten und vor allem ihr Anliegen vortragen hatte, wurde ihr mitgeteilt, dass Behinderte in diesem Verein nicht mitmachen könnten. Das wäre nicht vorgesehen und würde außerdem das Niveau einer Mannschaft derart nach unten reißen, dass es keine Aussichten auf Siege mehr gäbe. Die junge Frau hat viel geweint.
Herr Dzikowski, wir danken Ihnen für das Gespräch und wünschen Ihnen für Ihre weitere Zukunft alles Gute
Unser Kollege Stefan Dzikowski ist seit 45 Jahren Mitarbeiter bei Autismus Bremen e.V. (vormals Bremer Projekt, Hilfe für das autistische Kind).
Neben seinen wissenschaftlichen Verdiensten und seinem Einsatz für „Autismus Bremen e.V.“ und „autismus Deutschland e.V.“ sind es aber vor allem die persönlichen Erfahrungen im beruflichen Kontext, die Stefan Dzikowskis Arbeit zu einer besonderen werden lassen. So erleben wir ihn als ständig bereit, sich fachlich mit Kolleg*innen auseinanderzusetzen. Dabei ist es stets aufs Neue überraschend, wie bereichernd es ist, seinem weitreichenden Wissen und Einfallsreichtum zu begegnen. Egal, welche fachlichen Fragen man hat – egal, wie vage und unbestimmt diese Fragen auch sein mögen: Er steht seinen Kolleg*innen, sowohl mit seinem theoretischen Wissen, als auch mit praktischen Ideen zuverlässig zur Seite, indem er konkrete sowie fachlich fundierte Handlungsmöglichkeiten aufzeigt oder auf entsprechende Literatur verweist.
Auch haben wir ihm den Aufbau einer der größten deutschsprachigen Autismus-Bibliotheken zu verdanken, die in unserem Hause zu finden ist.
Am 1.9.2020 war dieses denkwürdige Ereignis, welches am 4.9.2020 mit den Schönebecker Kolleg*innen gebührend gefeiert wurde (selbstverständlich unter Einhaltung aller coronabedingten Maßnahmen und eines eigens für die Feier ausgearbeiteten Hygienekonzeptes). So traf sich das Team bei schönstem Wetter zur Paddeltour und verbrachte den Tag gemeinsam.
Wir sind sehr froh, Stefan an unserer Seite zu haben, aufgrund seines großen Wissens im Bereich Autismus, seiner unzähligen Erfahrungen mit Klient*innen und natürlich auch wegen seiner selbst.
Herzlichen Glückwunsch, lieber Stefan – eine einmalige Leistung!
Dein Team Schönebeck
Seit Mitte März befinden wir uns alle in einem Ausnahmezustand. Davon betroffen ist zwar die gesamte Bevölkerung, jedoch gestalten sich die Auswirkungen deutlich einschneidender für diejenigen Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen auf Unterstützungs- und Betreuungsleistungen angewiesen sind. Für die von uns betreuten Menschen mit Autismus wirken sich die bekannten Einschränkungen im täglichen Leben unterschiedlich schwer aus: Während einige, zum Rückzug neigende, Menschen das „entschleunigte“ Leben mit nur noch wenigen Kontakten bei deutlich geringeren Anforderungen, die an sie gestellt werden, als entlastend erleben, erleben andere diese Zeit der Einschränkungen als große Belastung.
Trotz intensiver Aufklärung und des Bemühens des pädagogischen Teams, diese schwierige Zeit für alle Betroffenen erträglich zu gestalten, ist es oft kaum möglich, die in den vielen Empfehlungen, Leitlinien und Verordnungen festgehaltenen Vorgaben einzuhalten, da ein Teil der Bewohner*innen sich weiterhin nicht einschränken möchte und die damit verbundenen Risiken ausblendet bzw. nicht nachvollziehen kann. D. h., die Coronaregeln können unter Umständen nicht umfänglich eingehalten werden und es fällt oft schwer, die gebotenen Abstands- und Hygieneregeln so zu befolgen, wie es sein sollte. Damit steigt das Infektionsrisiko im Hause sowohl für die Betreuten, als auch die Mitarbeitenden. Da die Wohngruppe selbstverständlich einen offenen Charakter hat, können wir letztlich nur beraten, dies jedoch nicht unterbinden. Seitens der Wohn- und Betreuungsaufsicht sowie des Gesundheitsamtes wurde angesichts dieser Schwierigkeit darauf hingewiesen, dass diesbezüglich unbedingt die üblichen Hygieneregeln von unserer Seite einzuhalten sind. Es bleibt zu hoffen, dass dies auf Dauer ausreichend ist.
Schon mehrfach kam es wg. der o.g. Einschränkungen zu aggressiven Übergriffen, weil die Situation für einige Menschen nicht mehr zu ertragen war. Dies belastet die ohnehin angespannte Atmosphäre zusätzlich. Hinzu kommt, dass es hinsichtlich der Entwicklungen der letzten Jahre in puncto Selbstbestimmung, Inklusion und Integration aktuell doch recht ruhig geworden und teils zum Stillstand gekommen ist – es sind teils Rückfälle in alte Verhaltensmuster festzustellen.
Auch der Sprachgebrauch in dem endlosen Strom der vielen Verordnungen, Richtlinien und Empfehlungen der letzten Monate hat sich verändert. So werden z.B. die „ besonderen Wohnformen“ wieder vermehrt als „stationär“ bezeichnet und die Selbstbestimmung der Menschen, die auf Betreuungs- und Unterstützungsleistungen in Gemeinschaftseinrichtungen angewiesen sind, wird behördlich verordnet mehr eingeschränkt, als es im „normalen“ Leben der Fall ist. Ist das gerecht?
Die ohnehin bereits angespannte Situation hat sich zusätzlich verschärft, da der genehmigte Personalschlüssel nicht ausreicht, wenn auf Dauer tagesstrukturierende Maßnahmen, wie z.B. die Betreuung in der WfbM oder in der Tagesförderung, wegbrechen bzw. nur stark eingeschränkt stattfinden. Ergebnis: Betreuung muss ganztägig in den Wohneinrichtungen stattfinden. Im Gegensatz zu diesen Einrichtungen können wir, die wir ein Zuhause bieten, die Betreuten nirgendwo hinschicken und nicht einfach „den Laden dichtmachen“, wenn die Personaldecke dünn wird oder man nicht mehr bereit ist, (Ansteckungs-) Risiken zu übernehmen.
Es drängte sich beim Lesen der vielen Verordnungen in der letzten Zeit immer wieder der Eindruck auf, dass wir offenbar in den Wohneinrichtungen über unendliche Ressourcen verfügen, was finanzielle Mittel, Schutzkleidung, Desinfektionsmittel, Personal (doppelte Besetzung im COVID 19 – Fall) und Zeit anbelangt, um alle Vorgaben einzuhalten. Dem ist nicht so.
Auf die Wohneinrichtungen wurde in den letzten Monaten eine Fülle zusätzlicher Aufgaben übertragen, die mit den vorhandenen Ressourcen bewältigt werden mussten und weiterhin müssen. Pandemiepläne mussten ebenso erstellt werden wie spezielle Reinigungs- und Desinfektionspläne, Hygienekonzepte und Gefährdungsbeurteilungen im Hinblick auf COVID 19. Woher die Zeit, das Know How und die dafür erforderlichen Mittel kommen sollen, scheint in der Politik kein großes Thema zu sein. Informationsflut von allen Seiten: Alle sichern sich ab für den „Ernstfall“ und schieben Verantwortung weiter. Sind die Wohnangebote das „Ende der Fresskette“?
Die Personaldecke wird zusätzlich bei Coronaverdachtsfällen bis zum Vorliegen des Testergebnisses strapaziert. Dies tritt mit zunehmender Tendenz auf. Alle Mitarbeitenden halten den Dienst in den Wohneinrichtungen aufrecht – oft auf Kosten der eigenen Gesundheit und obwohl manch eine/r schon lange nicht nur „am Limit“, sondern schon längst darüber ist. Das funktioniert nur, wenn ein gewisses Maß an Idealismus und Aufopferungsbereitschaft vorhanden ist – grundlegende Voraussetzungen für eine Berufswahl in der sozialen Arbeit.
Wir alle hoffen, dass wir diese schwierige Zeit gemeinsam bewältigen!